Frank U. Kugelmeier – St.-Ursula-Gymnasium, Attendorn (auf Basis des "Politiklabors" von Ben Vermeulen, Andreas Pyka, Matthias Müller – Universität Hohenheim) |
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Weltumspannende Seuchen wie die COVID-19-Pandemie stellen die politisch Verantwortlichen vor große Herausforderungen. Hierbei stehen existenzielle Fragen zur Diskussion: Ist es zum Beispiel sinnvoll, in der Hoffnung auf einen bald entwickelten Impfstoff sozusagen um jeden Preis die Verlangsamung der Infektionsraten zum obersten Ziel zu erklären - oder erscheint im Gegenteil eine Strategie der schnellen Durchseuchung zielführender, um auf diese Weise so bald wie möglich eine breite Immunisierung der Bevölkerung herzustellen?
Hinzu kommen Fragen ganz praktischer Art: Ist das bestehende Gesundheitssystem überhaupt in der Lage, eine größere Zahl von COVID-Patienten aufzunehmen? Wie begegnet man den durch Schulschließungen verursachten Bildungsdefiziten? Und wie fängt man Menschen auf, denen durch Betriebsschließungen oder durch COVID-bedingte Erkrankungen die Lebensgrundlage entzogen worden ist? All diese Fragen stehen miteinander in komplexer Wechselwirkung. Das heißt jedoch nicht, dass sie nicht zu beantworten wären. Mit Hilfe moderner Computersimulationen kann man auch - und gerade - komplexe Systeme gut beschreiben; und aus den gewonnenen Daten lässt sich ein Gespür für die scheinbar unberechenbaren Entwicklungspfade dieser Systeme ausbilden.
Das Pandemielabor-Szenario generiert zu diesem Zweck eine typische europäische Stadt mit den üblichen Aufenthaltsmöglichkeiten - Arbeits- und Freizeitstätten, Supermärkten, Schulen sowie Wohnvierteln. Die Bewohner der Stadt führen ein ganz normales Leben, das einem einfachen kalendarischen Rhythmus folgt. Morgens gehen die Erwachsenen zur Arbeit in ihre Büros und Fabriken, die Kinder gehen in die Schule, nachmittags zum Sport. In den Einkaufszentren nimmt der Betrieb in den Nachmittagsstunden ebenfalls stark zu. Am Wochenende werden die Geschäfte in größerem Umfang frequentiert; zudem trifft man sich hier in Freizeiteinrichtungen und auf Großveranstaltungen. An all diesen Orten finden in erheblichem Umfang soziale Interaktionen statt. Für ein Virus wie das hoch ansteckende Corona-Virus sind das ideale Ausbreitungsbedingungen. So lässt sich dann auch auf dem Bildschirm gut beobachten, wie sich nach und nach ein großer Prozentsatz der Menschen infiziert und teilweise schwer erkrankt oder gar verstirbt. Die Krankenhauskapazität der Stadt ist begrenzt, so dass die Sterbefälle mit dem Überschreiten der Kapazitätsgrenze zunehmen. Das Virus verschwindet nach einer gewissen Zeit zwar auch ohne ein Eingreifen, und die überlebenden Stadtbewohner haben eine Immunität entwickelt. Es sind dann jedoch viele Verstorbene zu beklagen. Um diese hohe Mortalität zu verhindern, kann in die beobachtete Entwicklung eingegriffen werden. So ist es möglich, die Gesundheitspolitik neu zu gestalten; Infizierte können in häusliche Quarantäne geschickt werden; mit gesundheitlicher Aufklärung lassen sich die Hygienebedingungen verbessern. Auch in die Bettenkapazität der Krankenhäuser lässt sich investieren. Sicherheitshalber können Betriebe und Schulen teilweise oder ganz geschlossen bleiben. Alle getroffenen Maßnahmen haben einen Einfluss auf die Anzahl der schweren Fälle und der Verstorbenen sowie auf die Länge und den Verlauf der Epidemie. Das Entscheidende ist in diesem Zusammenhang, dass sich sämtliche Maßnahmen in ihren Auswirkungen unmittelbar am Bildschirm ablesen und deshalb gegebenenfalls sogar noch während der laufenden Simulation korrigieren lassen. Auf diese Weise bildet das Pandemielabor ein effizientes sozialpolitisches Experimentalfeld zur (virtuellen) Bekämpfung von Seuchen wie der COVID-19-Pandemie. Sie sind nun herzlich eingeladen, sich als Politikerin bzw. Politiker oder auch als interessierter Laie im Pandemielabor der Herausforderung eines umfassenden Pandemiegeschehens zu stellen und - sei es planerisch, sei es durch Versuch und Irrtum - angemessene Lösungen zu entwickeln. Spielen Sie verschiedene politische Entscheidungen durch, ohne das Risiko massiver negativer Auswirkungen auf eine reale Bevölkerung tragen zu müssen. Scheuen Sie sich dabei auch nicht, die Simulation hin und wieder spielerisch "vor die Wand zu fahren". Denn dies kann dazu beitragen, im "echten" Leben unzweckmäßige Entscheidungen zu vermeiden und stattdessen zielführende Maßnahmen herauszuarbeiten.
Viel Erfolg! |
© Frank U. Kugelmeier, St.-Ursula-Gymnasium Attendorn 2022